Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Theil 3 - S. 250

1880 - Stuttgart : Heitz
250 Neue Geschichte. 2. Periode. -Frankreich. allen das wenigste. Aber der schändliche Louvois war es, der die Befehle dazu gegeben hatte. Gern wären nun die Unglücklichen ausgewandert, aber die Grenzen wurden besetzt und niemand sollte hinausgelassen werden. Dennoch entkamen binnen drei Jahren an 50,000 der fleißigsten und geschicktesten Familien. Dadurch litt Frankreich einen unersetzlichen Schaden. Alle benachbarte evangelische Länder nahmen sie mit Freuden auf; in England, in den Niederlanden, besonders auch im Brandenburgischen, ließ sich eine Menge von ihnen nieder und nun brauchte man nicht erst aus Frankreich die französischen Waaren zu holen. Hüte, Strümpfe, Tressen, seidene Zeuge wurden nun im eigenen Lande von den fleißigen (Monisten gemacht und noch jetzt sind viele unserer geschicktesten Seidenfärber die Nachkommen jener Ausgewanderten (refugies). Eine Folge jener schändlichen Religionsverfolgungen war der Aufstand der Camisards*) 1702. Dies waren stille und fromme Landleute, die in den Cev ennen im südlichen Frankreich lebten und die Lehre des Peter Waldus (s. Bd. 2, S. 138) beibehalten hatten. Bisher hatte man sie gewähren lassen, als sich plötzlich jetzt die Verfolgung auch auf sie erstreckte. Da ihnen aber ihr Glaube über alles galt, so vertheidigten sie ihn mit den Waffen in der Hand und schlugen die gegen sie ausgesendeten Heerhaufen zurück. Dieser Krieg währte drei Jahre und wurde mit großer Grausamkeit von beiden Seiten geführt; denn die ersten gefangenen Camisards wurden gehängt, gerädert oder verbrannt, und daher ging es den königlichen Soldaten, die in ihre Hände fielen, nicht besser, bis endlich der König durch größere Milde die meisten zur Niederlegung der Waffen brachte. Die übrigen wurden dann durch Strenge und Gewalt unterworfen, nachdem an 100,000 in den Gefechten gefallen und an 10,000 durch Henkershand umgekommen waren! Vielen Einfluß auf des Königs Entschluß, das Edict von Nantes aufzuheben, hatte eine Frau, die durch ihre sonderbaren Schicksale sowohl, als durch ihren großen Verstand sehr berühmt geworden ist, die Frau von Mai nt enon. Sie wurde in einem Gefängnisse geboren, in welchem ihre Aeltern wegen Schulden saßen. Ihr Vater war ein Herr von Au big ne. Als ein dreijähriges Mädchen kam sie nach Amerika. Auf der Reise dahin *) Camisards, d. i. Bauern mit leinenen Kitteln.

2. Theil 3 - S. 105

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 105 zu und sagte endlich: sie hätte Anzüge aus allen Ländern. An dem folgenden Tage erschien sie bald in dieser, bald in jener ausländischen Tracht, und endlich fragte sie den Gesandten geradezu, in welchem Anzuge sie sich am besten ausnehme? „Im italienischen," antwortete der schlaue Hosmaun; denn er wußte, daß sie diesem vor allen den Vorzug gab, weil sie darin ihre fliegenden Locken zeigen konnte; und sie war auf ihre blonden, oder eigentlich röth-lichen Haare vorzüglich eitel. Nun legte sie ihm eine Menge Fragen vor: Welches ihm die beste Farbe von Haaren schiene? Ob die Haare seiner Königin oder die ihrigen schöner wären? Endlich fragte sie ihn sogar, welche von beiden überhaupt die Schönste wäre? Melvil lachte innerlich über diese Eitelkeit. Schnell faßte er sich aber und antwortete sehr klug: „Jhro Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen ant größten wäre? — „ Meine Königin," antwortete Melvil. — „O!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute'spielte, auf welcher Elisabeth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zimmer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht, und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie entzückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie ober Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; ttttb als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde uttb daß alle ihre Freunbschaftsversicherungen. nichts als Falschheit und Verstellung wären. Bald sctnb sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit biefer Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu hei-rathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch fein Sohn geboren war. Das Alter und der Abel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen bett Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Verbinbnng nicht wünschten. Darnley war jetzt in feinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehntenbetn Betragen, so daß

3. Theil 3 - S. 119

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts Tod. 119 sie an ihren Beichtvater, der in demselben Schlosse wohnte, aber nicht zu ihr gelassen wurde, und bat ihn, nachdem sie ihm ihre Sündhaftigkeit gebeichtet hatte, um Absolution. Er möchte doch — fuhr sie fort — diese Nacht für sie wachen und beten und ihr die passendsten Gebete anzeigen. Dann schrieb sie eigenhändig und ohne anzuhalten ihr Testament, in welchem sie keinen ihrer Bedienten vergaß. Auch an den König von Frankreich, Heinrich Iii., schrieb sie einen Brief, in welchem sie ihm ihre Diener zur Versorgung empfahl, ihm Gesundheit und ein langes Leben wünschte und um Gründung einer jährlichen Seelenmesse bat. Sie unterzeichnete diesen Brief um 2 Uhr nach Mitternacht. Hierauf theilte sie die wenigen ihr noch übriggelassenen Kostbarkeiten unter ihre Diener aus, und gab ihnen zugleich den Brief an den König von Frankreich, sowie einen an den Herzog von Gnise mit. Nun legte sie sich zur Ruhe und schlief vier Stunden lang recht sanft. Dann stand sie auf und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu; sie genoß auch eine Hostie, welche der Papst geweiht und einst ihr zugeschickt, die sie aber bis zu diesem Augenblicke aufbewahrt hatte. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bedienen zu lassen, ein Kleid von Sammet und Seide, wie zu einem Festtage, an. Die übrigen Kleider hatte sie Abends vorher vertheilt. „Gern," sprach sie, „hätte ich euch auch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen, aber Maria Stuart muß auf ihrem Gange anständig erscheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis auf die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens (8. oder 18. Februar 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer und zeigte ihr an, daß die Stunde da sei. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl und ging, gestützt aus zwei Bediente ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem Anstande durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände und rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Ueberbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England enthaupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen.

4. Theil 3 - S. 231

1880 - Stuttgart : Heitz
Bitten jener Zeit. 231 nur abgebrannt und ausgeplündert, sondern von manchen war jede Spur ganz verschwunden. Es gab Gegenden, wo meilenweit kein Haus, kein Mensch zu sehen war. Von vielen Familien waren alle Glieder ausgestorben; der Vermögenszustand war bei den Menschen ganz zerrüttet und — was das Schlimmste war — die Sittlichkeit war äußerst verdorben worden. In der Entwickelung des Anbaues und der Gewerbe, in Handel und Verkehr ist Deutschland in Folge dieses furchtbaren Krieges sehr lange Zeit hinter andern Nationen zurückgeblieben. Oft hört man die gute alte Zeit rühmen, und über unsere so verdorbene Zeit klagen. Daran thut man Unrecht, und mit rührender Freude lernt man ans der Geschichte, daß die Menschheit mehr im Fortschreiten begriffen ist. Auch der Luxus war in früheren Zeiten oft noch ärger als in den unsrigen, nur daß er jetzt mit bessern: Geschmack verbunden ist. Einige Beispiele werden dies beweisen. In einer Kleiderordnung aus Regensburg aus dem Jahre 1485 heißt es: „Die Mannspersonen sollen nicht längere Spitzen an den Schuhen tragen, als zwei Fingersglieder lang." Dann kommen auch die ausgeschnittenen Koller und Halstücher der Frauen vor, die sie in kurzer Zeit „ganz über alle Maßen ausgebracht hätten," und wird ihnen das Ausschneiden vorn bis zwei Querfinger über dem Halsgrüblein und hinten vom Halsknöchlein vier Zoll herab untersagt. Töchter, so lange' sie nicht verheirathet find, dürfen gar keine Ringe tragen. Keine sollte über acht Röcke haben, gute und böse, und zu ihren geflügelten Röcken dürfen nur drei Paar Aermel, von Sammet, Damascat oder anderer Seide gehören. Ein Perlenrock, oder sammetne und gestickte Mäntel oder Koller mußten versteuert werden, und doch durste keine sie auf dem Gebiete der Stadt tragen. Aber auch im 16.. und 17. Jahrhunderte wurde mit Kleidern viel Unsinn getrieben. „Der Kleidung und des Geschmucks," klagt ein Schriftsteller aus der Zeit Karls V.', „ist kein Maß, zu aller Leichtfertigkeit zugerichtet, daß man vor Fürwitz schier nicht mehr weiß, was man anthun, oder wie man reden, gehen oder einher-treten soll. Alle Tage steht ein neuer Fund aus." Nicht nur Frauen und Jungfrauen vorn Stande, sondern auch Bürgerfrauen trugen sich zu Anfange des 17. Jahrhunderts auf italienische und burgundische Art, mit lang entblößtem Halse, und die meisten vom Adel, wozu sich auch die Doctorfrouen rechneten, hatten sich die

5. Theil 3 - S. 232

1880 - Stuttgart : Heitz
232 Neue Geschichte. 2. Periode: Deutschland. Hüften mit ungeheuern Wülsten (dem sogenannten Speck) umgeben. Kaum 30 Jahre, nachdem Elisabeth von England die ersten seidenen Strümpfe getragen hatte, trugen schon die Frauen der braunschweigischen Amtleute dieselben. Mit Mützen, Armbändern und Halsketten wurde ein entsetzlicher Aufwand getrieben, und die Männer machten es nicht besser als die Frauen. Der gemeine Bürger trug sich wie ein Handwerker, dieser wie ein fürstlicher Diener, und gar mancher Bauer war mit inländischem Tuche nicht mehr zufrieden. Daher mußten in den meisten Städten Kleiderordnungen gegeben werden, die den übertriebenen Luxus einschränkten. Die Ketten der Ritter sollten nicht über 400 Goldgulden werth sein. Adelige Frauen sollten nicht mehr als vier seidene Kleider haben und tragen dürfen, nämlich eins von Sammet, die übrigen drei von Damast oder andern seidenen Zeuge, jedoch ohne Perlen, Gold und Silber, und wenn sie dieselben verbrämen wollten, so möchten sie es thun mit Perlen, Silber oder Silberstoff, aber nur oben herum und nicht über eine halbe Viertelelle breit. Auch sollten sie zwar goldene Hauben tragen dürfen, aber nicht über 40 Gulden an Werth. In der sächsischen Kleiderordnung von 1612 wurde den Frauen der Doctoren erlaubt zu tragen: goldene Ketten, doch nicht über 200 Gulden werth, goldene Armbänder und Ringe, silberne und vergoldete Leibgürtel, auch Messerscheiden nach ihrem Vermögen, Röcke von Atlas, Damast u. dgl. Aber ganz sammetne Kleider wurden ihnen verboten. Auch sollten sie sich der ausländischen Tracht, besonders der großen Eisen und Wülste unter den Röcken und der langentblößten Hälse enthalten. Unter den verbotenen Sachen waren auch kleine silberne oder goldene Degen, die sie in den Haaren trugen. Ein großer Luxus wurde im 16. Jahrhundert mit den ungeheuern Pluderhosen getrieben, welche die Niederländer erfunden hatten, um ihren Tuchfabriken recht vielen Absatz zu verschaffen. Sie gingen vom Gürtel bis auf die Knöchel und waren so weit und in so viele Falten und Fältchen gelegt, daß zu manchem Paare 130 Ellen gebraucht wurden, und mancher Edelmann sich dadurch zu Grunde richtete, indem ein Paar mehr kostete, als manches Dorf Einkünfte gab. So wie mit den Kleidern, so war es auch mit dem Essen und Trinken, besonders bei Hochzeiten und Kindtaufen, nicht nur bei Fürsten und Herren, sondern auch bei den mittleren und niederen Ständen, und es mußten Gesetze dagegen publicirt werden. In der Hochzeilsordnung der Stadt Minden wurde verordnet.

6. Theil 3 - S. 234

1880 - Stuttgart : Heitz
234 Neue Geschichte. 2. Periode. Deutschland. Herz der deutschen Kinder wur^ durch die fremde Erzieherin schon früh verdreht. Besonders kam nun ein ganzes Heer von Moden über den Rhein. Die einfache deutsche Kleidung, die zwar oft kostbar, aber der Mode nur wenig unterworfen war, wurde nun verachtet; die Männer ließen sich Fracks machen, wie man sie in Paris trug; Westen mit Schößen, Schuhe mit großen Schnallen; das eigene Haar schnitten sie sich ab, um große Perrücken, die fast den halben Rücken bedeckten, aufzusetzen, streuten Puder und klebten Pomade hinein. Noch ärger trieben es die Frauen. Zum Hohn alles guten Geschmacks trugen sie Kleider mit ungeheuern Reifröcken, schnürten den Leib in feste Schnürbrüfte, die ihnen jede Bewegung, ja jeden Athemzug erschwerten, hatten Schuhe mit silbernen Schnäbeln und hohen Absätzen wie Stelzen, mit denen sie keinen Schritt sicher thun konnten, und hinter ihnen her zog eine lange, lange Schleppe nach, die bei ganz Vornehmen von Kindern nachgetragen wurde. Das Haar wurde hoch aufgebunden, mit Puder und Pomade reichlich beschmiert, Wülste wurden dazwischengelegt, damit es recht hoch hinaufreiche, unzählige Nadeln zur Befestigung des künstlichen Gebäudes hineingesteckt, und oben darauf klebte oft noch ein winziges Hütchen. Wollte eine so aufputzte Figur durch eine Thüre gehen, so mußte sie sich nicht nur tief bücken, sondern auch noch den Körper seitwärts biegen, weil sonst die Reifröcke jeden Durchweg unmöglich machten. Diese . albernen und geschmacklosen Moden wechselten zwar schnell ab, je nachdem die Pariser es wollten, aber die neue war oft noch thörichter als die vorige, und so blieb es bis auf die neue Zeit, wo endlich seit der französischen Revolution die Deutschen aus ihrem Traume erwachten und zu ihrer. Beschämung sahen, daß nicht alles, was aus Frankreich komme, vorzuziehen sei. *) Die Narrheit, alles Französische schön zu finden, erstreckte sich auch aus die Sprache. Die Vornehmen hielten es für eine Schande, deutsch zu sprechen, und besonders in den adeligen Familien, von schäften machen, als Fertigkeit im Französischsprechen. Auch nöthig, aber nicht das Nöthigste und Wesentliche. *) Der Verfasser erinnerte sich noch aus seinen Kinderjahren, daß die Damen täglich eine Stunde unter den Händen des Friseurs saßen, und daß manche, welche sich alle Wochen nur einmal fünstlichjfrisiren ließen, -die ganze erste Nacht nach dem Frisiren aufrecht sitzend zubrachten, damit sie noch den folgenden Tag mit der schönen Frisur paradiren und einen Kaffeebesuch machen konnten.

7. Theil 3 - S. 148

1880 - Stuttgart : Heitz
148 Neue Geschichte. 1. Periode. Niederlande. oder ein evangelisches Lied gesungen, oder eine Versammlung der Evangelischen besucht zu haben, und sogleich war es um seine Freiheit geschehen. Wer einmal in den Schlund der Inquisition fiel, kam nicht wieder heraus. Entweder er mußte im Gefängniß als ein lebendig Begrabener seine noch übrigen Lebensjahre öde vertrauern, oder er wurde an den Tagen der großen Verbrennung mit den übrigen Schlachtopfern zum Scheiterhaufen geführt. Mit feierlichem Pompe zog der traurige Zug durch die Gassen nach dem Richtplatze. Eine rothe Blutfahne wehte voran, alle Glocken wurden geläutet. Voran zogen Priester im Meßgewands und sangen ein heiliges Lied. Ihnen folgte der verurtheilte Sünder, in ein gelbes Gewand gekleidet, auf welches schwarze Teufelsgestalten gemalt waren. Auf dem Kopfe trug er eine Mütze von Papier, die sich in eine Menschenfigur endigte, um welche Feuersiammen schlugen und scheußliche Dämonen flogen. Weggekehrt von dem ewig Verdammten wurde das Bild des Gekreuzigten getragen; denn für ihn galt die Erlösung nicht mehr. So wie sein sterblicher Leib den irdischen Flammen, so gehörte seine unsterbliche Seele den Flammen der Hölle. Im Munde trug er einen Knebel, damit er weder seinen Schmerz durch Klagen lindern und das Mitleid der Umstehenden durch Erzählung seines Unglücks wecken, noch die Geheimnisse seines ungerechten Processes ausschwatzen konnte. Hinter ihm drein gingen die Geistlichen im festlichen Ornate, die Obrigkeit und der Adel. Die Väter, die ihn gerichtet halten, beschlossen den traurigen Zug. Man glaubte eine Leiche zu sehen, die zu Grabe geleitet würde; aber es war ein lebendiger Mensch, an dessen langsamen Qualen das Volk sich ergötzen sollte. Solche Hinrichtungen wurden gewöhnlich bis zu hohen Festtagen aufgespart, und dann viele zugleich vollstreckt. — Diese Inquisition, wie sie schon in Spanien und Portugal im besten Gange war, wurde nun auch nach den Niederlanden verpflanzt, und dadurch wurden alle Bande des Vertrauens aufgelöst. Keiner durfte nun noch dem andern trauen; überall fürchtete man einen Lauscher, und diese Furcht erschreckte jeden Blick des Auges und unterdrückte jedes Wort auf der Zunge. Gleich hätten die freisinnigen Niederländer dies scheußliche Gericht aus dem Lande gejagt, wenn nicht Philipp das ganze Land mit spanischen Soldaten belegt hätte, die jeden Laut des Mißvergnügens unterdrückten. Zwar hatten die Niederländer ein paar Männer, die sich wohl an ihre Spitze gestellt hätten, aber

8. Theil 3 - S. 185

1880 - Stuttgart : Heitz
Tilly. Wallenstein. 185 ihrem Unglücke, ihr das Versprechen gegeben, für Gott und für sie alles zu wagen. Er hatte sich von ihr ein Zeichen ihrer Gunst ausgebeten, und sie ihm einen ihrer Handschuhe gegeben. Diesen trug er als Wahrzeichen vorn an seinem Hute, und auf seinen Fahnen stand die Divise: Alles für Gott und für sie! Aber sein früher Tod verhinderte die Ausführung seines Gelübdes, dem vertriebenen Kurfürsten sein Land wieder zu verschaffen. Wenige Monate vor Mansfelds Tode hatte ihn ein zehrendes Fieber in Wolfenbüttel hingerafft. Er stand erst im 27. Lebensjahre. 4. Tilly und Wallenstein. Gegen Christian von Braunschweig und Ernst von Mansfeld hatte bisher der Graf Tilly als General der Liga den Krieg geführt. Tilly war ein Mann von vieler Roheit, unerbittlicher Strenge und großer Pünktlichkeit, dabei uneigennützig, aber stolz im hohen Grade. Auf äußere Dinge legte er keinen Werth, und als ihn der Kaiser zum Reichsfürsten erheben wollte, verbat er sich die Ehre und schenkte dem Schreiber der Kanzlei 500 Thaler, damit er das Patent nicht ausfertigte. Seine Statur war klein und hager, aber von starkem Knochenbau. Zwischen seinen eingefallenen Wangen, seiner Nase und seiner runzeligen Stirn sahen seine großen finsteren Augen heraus. Sein graues, borstiges Haar hing um den Kopf herum, den er mit einem spitzen, hochausgestntzten Hute zu bedecken pflegte, von welchem eine rothe Straußfeder hinten herabhing. Dazu nehme man ein grünatlaßnes Kleid nach fpanischem Schnitt, mit aufgeschlitzten Aermelu, weite Beinkleider von demselben Zeuge, und weite, aufgeschlitzte Stiefeln. In der Schlacht pflegte er einen kleinen Grauschimmel zu reiten. Dieser Mann hatte bis dahin nie eine Schlacht verloren und räumte überall, wohin er kam, tüchtig auf. Braunschweigs, Mansfelds und andere Haufen wurden 'überall von ihm vertrieben. Aber er war doch nur ein General der Liga. Der Kaiser dagegen hatte kein Heer, wenigstens kein bedeutendes, und hing also ganz von Tilly und der Liga ab; denn es fehlte ihm an Geld, ein eigenes Heer aufzustellen. Während Ferdinand noch darüber grübelte, machte ihm einer seiner Offiziere den Antrag, ein großes Heer aufzubringen, ohne daß es dem Kaiser das Geringste kosten solle. Dieser Mann war Albrecht von Wallenstein oder eigentlich Waldstein, 100 Jahre später als Luther, in Böhmen auf dem Gute feines Vaters an der Elbe unweit Königgrätz geboren, aus einer alten evangelischen Familie. Er verlor feine Eltern schon

9. Theil 3 - S. 188

1880 - Stuttgart : Heitz
188 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg. die Wallensteiner! Wohin sie kamen, gingen Städte und Dörfer in Rauch auf, nachdem sie ausgeplündert waren; die Menschen wurden zu Tode gemartert oder dem Hungertode preisgegeben, und selbst Weiber und Kinder nicht verschont. Es war eine Rotte wilder Thiere, die in eine .Schafherde einbrachen. Wallenstein selbst war streng und rauh, billigte aber diese Ausschweifungen nicht, ja er bestrafte zuweilen die Uebelthäter hart. Allein er war bei der damaligen Art der Kriegführung nicht im stände, dem bösen Willen der Befehlshaber zu wehren, so oft er ihnen auch strenge Mannszucht anempfahl. Er war eine lange, hagere Gestalt, mit stolz umherblickenden, kleinen, aber feurigen und durchdringenden Augen, immer ernst, kalt, finster, geheimnißvoll und argwöhnisch. Seine Gesichtsfarbe war gelblich, seine Stirn hoch und majestätisch, seine Nase gebogen und stumpf, Kinn und Lippen waren mit starkem Schnauz- und Knebelbart bedeckt. Er lachte nie. Selbst sein Anzug hatte etwas Sonderbares: ein Reiterkoller von Elenshaut, rothe Beinkleider, darüber eine rothe Leibbinde und ein Mantel von Scharlach; auf dem Kopfe, mit kurz abgeschrittenem röthlichen Haare, das seitwärts in einige Locken herabfiel, ein hoch aufgestutzter weißer runder Hut, mit herabhängender rother Feder, und an den Füßen große Stulpstiefeln. Wenn die so aufgeputzte hagere Gestalt durch die Gassen des Lagers schritt, sahen alle Soldaten mit geheimem Grausen ihm nach; denn sie hielten ihn für gefroren, d. i. hieb- und stichfest. Streng hielt er auf seine Befehle: die kleinste Verletzung derselben wurde augenblicklich am Leben gestraft. „Laßt die Bestie hängen!" rief er dann und augenblicklich wurde der Befehl vollzogen. Gegen seine Unterthanen war er in den ersten Jahren väterlich, sorgte für den Wohlstand derselben und legte Schulen an; aber in den letzteren Jahren, als seine Stimmung durch die Umtriebe seiner Gegner gereizt war, streng und hart, und als sie ihn einmal gebeten hatten, ihnen die ausgelegten Abgaben zu erlassen, schrieb er: „Euer Entschuldigungen seynd lauter verlogen und unwahrhaftig; sucht, so lieb euch euer Seelen Seligkeit ist, mich bei der Nasen nicht umzuziehen; denn so wahr Gott lebt! ihr werdet mirs mit euren Köpfen zahlen müssen, wo ihr mir die Quote nicht alle Monat liefern werdet." Und als einmal in Reichenberg in Böhmen ein katholischer Priester ermordet war, wollte er die Stadt verbrennen und alle Einwohner mit dem Schwert umbringen lassen, und wurde nur durch die dringenden Bitten des Magistrats andern

10. Theil 3 - S. 275

1880 - Stuttgart : Heitz
Peter der Große. 275 der Gardehauptmann herein, hinter ihm seine Soldaten. Die Verschworenen verloren den Muth, fielen auf die Kniee und baten um Gnade. Nachdem sie gebunden waren, gab Peter dem Hauptmann eine Ohrfeige, weil er, wie er glaubte, eine Stunde zu spät gekommen war. Da dieser sich aber durch Vorzeigung des schriftlichen Befehls auswies, entschuldigte der Czar seine Hitze, küßte ihn auf die Stirn und erklärte ihn für einen braven Offizier. Wie staunten Lefort und seine Gäste, als er zurückkam und erzählte, was indessen geschehen war! Viele der Schuldigen wurden hingerichtet. Je mehr ihm Lefort von fremden Ländern erzählte, desto begieriger wurde er, sie selbst zu sehen. Im Jahre 1697 rüstete er eine große Gesandtschaft aus, die von Lefort angeführt wurde, wohl aus 300 Personen bestand und durch einen großen Theil von Europa reisen sollte. Er selbst wollte sie begleiten; aber weil er ein großer Feind von allen Umständen war und gern alles ungestört sehen wollte, so ging er unter dem Titel eines Obercommandeurs mit, und er hatte ausdrücklich seinen Leuten besohlen, zu thun, als wenn er nicht der Czar sei. Zunächst ging es über Riga nach Königsberg, wo der Kurfürst von Brandenburg, Friedrich Iii., die Gesandtschaft in feierlicher Audienz empfing. Peter war auch dabei und wollte unbekannt bleiben. Aber das war vergebens. Alle Hofleute erkannten ihn gleich an seiner hohen Gestalt, seinen blitzenden Augen, die er überall umherwarf, und an der Mühe, die er sich gab, nicht erkannt zu werden, indem er sich oft seine Mütze vor das Gesicht hielt. Insgeheim besuchte er auch den Kurfürsten allein, der sich alle Mühe gab, ihn mit Schmausereien, Opern u. s. w. zu unterhalten. Einmal hatte er zu viel getrunken und bekam mit Lefort Streit. Wüthend fiel er ihn an und befahl ihm, den Säbel zu ziehen. „Das sei fern," sagte der verständige Lefort; „lieber will ich von den Händen meines Herrn sterben!" Mit Mühe wurde der Czar zurückgehalten. Am folgenden Morgen bereuete er seine Uebereilung. „Ich will mein Volk gesitteter machen," rief er schmerzlich ans, „und noch vermag ich's nicht, mich selbst zu zähmen!" — Mit großer Wißbegier besuchte er die Handwerker und Künstler, besonders die Bernsteindrechsler. Dann ging es über Berlin, Magdeburg und Hannover nach den Niederlanden. Ueberall fand man ihn sehr liebenswürdig, obgleich seine Sitten, besonders bei Tische, etwas roh waren. Am hannoverschen Hofe wunderte er sich, daß nicht alle Damen Roth und Weiß auflegten; das fei
   bis 10 von 46 weiter»  »»
46 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 46 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 3
3 0
4 0
5 17
6 1
7 7
8 0
9 0
10 12
11 1
12 2
13 0
14 0
15 0
16 34
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 1
24 0
25 0
26 0
27 2
28 1
29 0
30 0
31 5
32 0
33 6
34 0
35 0
36 0
37 21
38 0
39 0
40 0
41 1
42 1
43 1
44 0
45 7
46 1
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 7
2 0
3 1
4 1
5 0
6 0
7 0
8 1
9 1
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 7
17 21
18 0
19 5
20 6
21 4
22 0
23 3
24 1
25 0
26 0
27 0
28 2
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 2
35 1
36 1
37 0
38 1
39 7
40 0
41 0
42 3
43 1
44 0
45 4
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 6
53 0
54 0
55 0
56 3
57 0
58 1
59 2
60 0
61 0
62 0
63 0
64 3
65 2
66 0
67 0
68 1
69 1
70 0
71 4
72 0
73 0
74 0
75 30
76 1
77 14
78 1
79 1
80 0
81 0
82 7
83 2
84 0
85 1
86 1
87 12
88 0
89 1
90 1
91 0
92 10
93 0
94 17
95 0
96 1
97 0
98 11
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 57
1 11
2 75
3 23
4 33
5 14
6 42
7 57
8 12
9 67
10 20
11 7
12 45
13 20
14 8
15 14
16 57
17 26
18 11
19 13
20 8
21 20
22 20
23 7
24 15
25 23
26 94
27 28
28 12
29 14
30 53
31 15
32 12
33 394
34 29
35 22
36 35
37 16
38 3
39 44
40 45
41 10
42 27
43 90
44 12
45 11
46 20
47 18
48 27
49 134
50 108
51 117
52 17
53 11
54 28
55 23
56 14
57 4
58 50
59 638
60 3
61 34
62 34
63 9
64 41
65 124
66 3
67 80
68 24
69 0
70 2
71 40
72 21
73 156
74 17
75 53
76 15
77 46
78 3
79 21
80 14
81 515
82 13
83 15
84 11
85 35
86 5
87 21
88 92
89 23
90 7
91 74
92 0
93 11
94 40
95 14
96 56
97 30
98 37
99 8
100 340
101 2
102 169
103 51
104 5
105 2
106 32
107 11
108 10
109 16
110 17
111 63
112 50
113 12
114 9
115 25
116 132
117 9
118 15
119 19
120 25
121 113
122 7
123 46
124 45
125 24
126 16
127 32
128 25
129 53
130 0
131 147
132 20
133 10
134 12
135 1
136 185
137 5
138 2
139 14
140 70
141 33
142 43
143 212
144 15
145 13
146 23
147 11
148 26
149 2
150 44
151 26
152 109
153 10
154 12
155 52
156 90
157 17
158 38
159 6
160 9
161 33
162 19
163 37
164 8
165 7
166 83
167 12
168 19
169 44
170 12
171 31
172 82
173 168
174 12
175 276
176 60
177 267
178 21
179 79
180 8
181 48
182 257
183 196
184 50
185 5
186 20
187 20
188 10
189 16
190 36
191 32
192 18
193 26
194 16
195 14
196 179
197 41
198 36
199 29